Das verdiente Stück Alpkäse
Der Weg ist das Ziel. Von der Oey über das Eggetli ins Laueli. Bild: Peter Allenbach

Das verdiente Stück Alpkäse

27. Juni 2018 – Franziska Richard

Fein ist die Wurst, würzig der Alpkäse, sämig das hausgemachte Eis und prächtig der Blick. Wir schwangen uns auf den Sattel eines E-Bikes und besuchten Susanna und Fritz Germann, die im Laueli ein verträumtes Alpbeizli betreiben.

 «Wir sind ja beim Heidi!», rufen ausländische Touristen beim Anblick von Susanna und Fritz Germanns Alphütte entzückt, an welcher sie beim Wandern oder Biken über das Laueli vorbeikommen. In solchen Momenten huscht der Alpwirtin ein Lächeln übers Gesicht. «Gewisse von ihnen», erzählt sie weiter, «wollen auch noch sehen, wo unser Schlafgemach ist. «Die einen bewundern uns für unser einfaches Leben, andere halten uns für Hinterwäldler.» , sagt die Adelbodnerin und schmunzelt. Das Stück Alpkäse kaufen die erstaunten Besucher durchwegs auch als kleines Souvenir für die eben erlebte Alphütten-Romantik.

«Die einen bewundern uns für unser einfaches Leben, andere halten uns für Hinterwäldler.»

Susanna Germann
«Den Alpsommer meistern kann nur, wer gerne auf der Alp ist und die viele Arbeit nicht scheut», weiss Susanna Germann.
«Den Alpsommer meistern kann nur, wer gerne auf der Alp ist und die viele Arbeit nicht scheut», weiss Susanna Germann.

Früh aus den Federn

Auch Heidi musste anpacken. Insofern gibt es zwischen der Heldin von Johanna Spyri und der 54-jährigen gelernten Krankenschwester und Katechetin schon Parallelen. Eine ist auch, dass die gebürtige Emmentalerin und Mutter dreier erwachsener Kinder auch nach 25 Sommer noch immer liebend gerne auf der Alp ist.

Der Tag beginnt um 5.30 Uhr. Zu dritt gehen sie ihn an, «vorerst schweigend, jeder weiss, was er zu tun hat». Ihr Mann Fritz geht in den Stall fürs Melken; Lena Tanner, die 26-jährige deutsche Medizinstudentin, die diesen Sommer mit dem Paar auf der Alp ist, trifft erste Vorbereitungen fürs Käsen, Susanna bereitet das Frühstück zu. Um 6 Uhr sitzen die drei am Frühstückstisch. Brot, Käse, Butter, Konfi, Kaffee. Manchmal hören sie Radio, doch worüber unten in Bern, Brüssel oder Washington debattiert oder gestritten wird, ist weit weg. Um 6.40 Uhr geht jeder seiner Arbeit nach.

Ähnlich wie bei Heidi, finden gewisse Besucher: die Alpwirtschaft von Susanna und Fritz Germann. Bild: Peter Allenbach
Ähnlich wie bei Heidi, finden gewisse Besucher: die Alpwirtschaft von Susanna und Fritz Germann. Bild: Peter Allenbach

Susanna Germann lässt die aus dem Unterland rekrutierten Käserinnen nach einer Einführung bald einmal ans «Kessi». «Dieses Vertrauen habe ich», sagt sie, und damit fährt sie seit Jahren gut. Sind ihr die Käseprämierungen wichtig? «Es ist eine schöne Anerkennung für die Käserin, doch beim Direktverkauf fragt niemand nach Punkten.» Die Messlatte setzt sie sich selbst. Exakt müsse ihr Bergkäse sei, «chüschtig».

Direktverkauf

Susanne Germann hält, so quasi als General Manager, die Fäden in der Hand, wichtig sind ihr neben der Reinlichkeit der Räume der Kontakt zu den Menschen, die das mitbetriebene Beizli im Freien besuchen. Am Nachmittag unterstützt sie Fritz im Talbetrieb. Im Stall stehen zwölf Kühe, neun Rinder und Kälber und drei Schweine – ein für Adelbodner Verhältnisse kleiner bis mittelgrosser Betrieb. Die ca. 170 Liter Milch werden jeden Tag zu zwei Laiben Alpkäse und acht bis 14 Mutschli verarbeitet, Anfang Sommer wird auch Raclettekäse produziert. Wie sinnvoll der Direktverkauf sein kann, zeigt ihr Betrieb anschaulich: 90% der doch stolzen Produktion wird auf der Alp verkauft (und selbst gegessen). Neben dem Käse tischt Susanna Germann auch hofeigene Wurst- und Fleischspezialitäten auf und hausgemachtes Eis. Das Betriebskonzept: alles aus dem eigenen Betrieb oder der Region.

Der Direktverkauf macht Sinn: 90% der Produktion wird auf der Alp verkauft. Bild: zvg
Der Direktverkauf macht Sinn: 90% der Produktion wird auf der Alp verkauft. Bild: zvg

Nur wenig ist automatisiert, beinahe alles Handarbeit.

Das Käsen auf dem Berg ist weitgehend Frauenarbeit – und noch immer schwere Arbeit. Nur wenig ist automatisiert, beinahe alles Handarbeit. Erleichterung haben sich die Germanns mit Melkmaschinen und einem mit Solarstrom betriebenen Rührwerk geschaffen. Die beigezogene Käserin wechselt jeden Sommer – es sind fast ausnahmslos Frauen in unterschiedlichsten Lebenssituationen, die aus ihrem Alltag ausbrechen wollen. Ist Käsen eine Gottesgabe? Mit Genügsamkeit und Dankbarkeit habe es schon zu tun, sagt Susanna Germann: «Den Alpsommer meistern kann nur, wer gerne auf der Alp ist: mit jedem Wetter zurechtkommt, mit der vielen Arbeit und letztlich mit sich selbst.»

Adelbodens Alpwirtschaften

Am einfachsten in Adelbodens Alpbeizli gehts mit dem Bike oder E-Bike. Sechs hoteleigene Mountain-Bikes stehen dem Bellevue-Gast kostenlos zur Verfügung. E-Bikes können an der Reception reserviert werden (CHF 55. pro Tag inkl. Helm und Protektor).

Laueli: Susanna und Fritz Germann

Adelboden - Unter dem Birg - Laueli - Hohliebe - Oey - Adelboden

Zu Fuss: Wanderung mit geringer Höhendifferenz, in umgekehrter Richtung sportlicher
Wanderzeit: Hin- und Rückweg 4 Stunden
ÖV: Bus Adelboden - Unter dem Birg; Oey - Adelboden
Route mit Bike oder E-Bike: Adelboden - Oey - Eggetli - Hohliebe - Eggetli - Oey - Adelboden
Fahrzeit: 2,5 Std. mit Mountain-Bike; 1,5 Stunden mit E-Bike
Spezialitäten: Alpkäse, Mutschli, Zvieriplättli, Chäsbrägel, Meringue mit Nidle, «Louelipfludi»

Bunderstübli: Daniela und Andreas Inniger

Adelboden - Oey - Bunderle - Bunderalp (auch mit Auto erreichbar)

Zu Fuss: Wanderung mit ca. 1,5-stündigem Aufstieg ab Bunderle
Privatauto (kein ÖV): Fahrt mit Auto ins Bunderle oder auf die Bunderalp
Mountain-Bike: ca. 2 bis 3 Stunden ab Adelboden und zurück mit mittleren Steigungen
E-Bike: ca. 1,5 Stunden
Spezialitäten: Alpkäse, Zvieriplättli, Älplermakkroni, Gerstensuppe, Meringue mit Nidle. Auf Anmeldung: Fondue, Rösti mit Bratwurst und Geschnetzeltes

 

Bunderalp: Dorli und Peter Germann

Adelboden - Oey - Bunderle - Bunderalp (auch mit Auto erreichbar)

Zu Fuss: Wanderung mit ca. 1,5-stündigem Aufstieg ab Bunderle
Privatauto (kein ÖV): Fahrt mit Auto ins Bunderle oder auf die Bunderalp
Mountain-Bike: ca. 2 bis 3 Stunden ab Adelboden und zurück mit mittleren Steigungen
E-Bike: ca. 1,5 Stunden
Spezialitäten: Alpkäse, Hobelkäse, Kochwürste mit Brot, Meringue mit Nidle. Auf Vorbestellung: Gschwelti (Pellkartoffeln) mit Alpkäse, Rösti mit Spiegeleier

Bütschi: Priska und Erwin Trachsel

Adelboden - Gilbach - Bärgläger - Lurnigegge - Bütschi

Zu Fuss: Leichte Wanderung mit geringer Steigung ab Adelboden oder ab Lurnigegge (Bus bis Lurnigegge)
Wanderzeit: ca. 6 Stunden ab Adelboden und zurück, ca. 2 Stunden ab Lurnigegge (Bus für Hin- und Rückweg)
Mountain-Bike: ca. 1,5 Stunden ab Adelboden mit mittleren Steigungen
E-Bike: ca. 1 Stunde
Spezialitäten: Alpkäse, Mutschli, Trockenwurst und -fleisch, Zvieriplättli, Meringue mit Nidle